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Ulrich Schödlbauer: Kontur der Schwester

JUDY
Weißt du, Parerga, ich habe den Eindruck, dass sich alles, was durch deine Hände geht, irgendwie... verwandelt. Versteh mich nicht falsch, aber ich habe dich in der Küche beobachtet. Auch wie du den hier gerade an die Wand gerückt hast... Versteh mich nicht falsch, das ist schon in Ordnung, aber in dem Fall ist es etwas anderes.

Träumerisch.

Wenn wir von meinen Bedürfnissen reden: ich träume von einem weißen, niebetretenen Strand, die einzige Spur, die durch ihn hinläuft, ist meine, und draußen, da draußen, kreuzt sie eine zweite, eine, die gestern noch nicht da war und heute meine Vorstellung kitzelt: wer ist das? Dieser Spur möchte ich nachgehen. Vielleicht gehe ich ja im Kreis, weil diese andere Person meine Spur gefunden hat und so empfindet wie ich, aber auch das muss ich herausbekommen. Verstehst du?

JULIAN DER TRANSVESTIT in Pose.

JUDY
Ich wusste, dass du mich nicht verstehen würdest. Dein Spiel ist aus, Parerga, bevor es richtig begonnen hat. Es tut mir leid, dir das sagen zu müssen, aber ich habe es noch nie ausstehen können, dass mich jemand ausspioniert. Nimm das Ding weg.

JULIAN
Du tust ihr Unrecht, Judy. Auch ich habe meinen Stolz, der mich tun und lassen heißt, was ich für gut befinde. Glaub nicht, dass ich leide. Leiden ist ein bürgerlicher Affekt, der mich lachen macht. Glaubst du ans Leid, Judy? An die kleinen grauen Fäden, die sich quer durch dein Gehirn ziehen, hin und her, hin und her? Denn, mach dir nichts vor: das liegt alles im Gehirn. In meinem steht: Judy.

Kreuzt die Arme über der Brust, fröstelnd.

JUDY ohne ihn eines Blickes zu würdigen.
Es kann nicht sein, dass Parerga meine Bedürfnisse kennt. Und wenn sie sie kennt, dann sind es nicht meine. Basta.

Augenaufschlag.

Ich gehe jetzt, Mädels. Denkt an den Abwasch.