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Ulrich Schödlbauer: Kontur der Schwester

Zweiter Akt


Hosni, Judith. Die Brüder.

PARERGA läuft an die Tür, verneigt sich spielerisch lächelnd vor Hosni.
Du wirst die bucklige Verwandtschaft noch vermissen, Hosni. Judy ist schwach, wir kommen gerade recht. Lass sie nicht so lang allein.

Hosni geht.

PARERGA läuft zu Judy hinüber, leise.
Was nun, liebe Judy?
Er ist weg, da siezt man sich besser wieder.

JUDY, die Maske vorm Gesicht. Judith hält ihr den Spiegel.

PARERGA
Bevor wir hier untätig herumsitzen, holen wir uns Gesellschaft. Wenn ich wissen will, wer ich bin, strecke ich meinen Arm aus, bis ich irgendwo anstoße. Dann beginnt etwas, das ich noch nicht kenne. Oder doch?

JUDY
Das werden wir dann ja sehen.

PARERGA
Aber was? Aber wen? Wir werden uns ein bisschen verkleiden und unser Bedürfnis Gassi gehen lassen, ohne uns aus dem Haus zu rühren. Das sollte dir gefallen. Du bewegst dich ja kaum von der Stelle. Wir geben dem Geschlecht neue Namen und lassen sie hereinspazieren. Eins zwei drei. Sitzen-machen. Wir haben noch nicht zu entziffern begonnen, was weiblich heißt. Beginnen wir mit dem Kleingedruckten. Wenn wir aus uns herausgehen wollen, schreien wir oder spielen Theater. Wir spielen Theater dort, wo es keiner erwartet. Dort, wo es heißt: Mach kein Theater, gerade dort. Wo denn sonst.

JUDY
Ich hoffte, du spielst reell.

PARERGA
Eben, meine Liebe, eben.
Sieh auf diesen Leib.

JUDY
Ich sehe, meine Liebe, dass ich nichts sehe. Besser, der Spiegel behält sein Wissen für sich.