JUDY
Die ist ja echt. Wo hast du die her? Das ist ja, als verwandelte man sich wirklich, hey! Ich wusste nicht, dass Frausein so anmacht. Man spielt nicht mit dem Geschlecht, sagt der Mann in Rom, das ist eine Sünde. Ich bin nicht fromm, aber man hört doch hin. So eine niedliche Sünderin haben alle zum Lieben gern. Damit lässt sich arbeiten. Aber das hier ist besser. So ein Ding habe ich mir schon immer gewünscht. Als ich fliegen wollte, wollte ich in in Wirklichkeit das hier. Als ich eine andere sein wollte, wollte ich in Wirklichkeit das hier. Ich glaube, als ich geheiratet habe, wollte ich in Wirklichkeit das hier. Als ich mit dem Gedanken an Trennung spielte, wollte ich in Wirklichkeit das hier. O Zwinkerauge, ich kauf es dir ab.
Legt die Maske an und verschwindet mit den anderen.
CHOR DER BULGARISCHEN HELFERINNEN
Ach, Judy, süße Judy! Aah!
Durch eine kleine Tür rückwärts, links, tritt Judy, geführt von Parerga, in das Gemach. Nackt, bis auf die Maske. Sie geht mit Parerga quer zwischen den knieenden Helferinnen durch, an einen großen ovalen Metallspiegel, der rechts vorne steht.
JUDITHS STIMME
Du siehst, wir halten Wort. Reicht das für einen Schatten?
SPIEGEL
Es reicht, Judy, es reicht.
JUDY
Eine Welt in der Welt! Kommt, Schwestern, ich gebe einen aus. Neinnein, halt, das geht so nicht. Für einen kleinen Schwips lass ich mich nicht ausziehen. Ihr müsst mir schon etwas bieten, das Bestand hat. Ich kann rechnen, ich kann warten. Ich kann auch den Mund halten, wenn es sein muss. Es ist nicht so einfach, mich über den Tisch zu ziehen.
Verdunkelung.
CHOR DER BULGARISCHEN HELFERINNEN
Weh! Weh!
Sie hat sie zerschlagen,
die schöne Welt.
JUDY
Kann man dieses Gezirpe nicht einmal abschalten?
Wer soll denn dabei einen klaren Kopf behalten.
Judith und Parerga tauschen einen Blick.
JUDY
ja, ich weiß, ich bin ungerecht. Aber ich bin aufgeregt und das wärt ihr auch. Lasst mich nachdenken, einfach nachdenken. Im Schatten leben, im Schatten sterben, das kann jede. Für den Schatten leben, das ist eine eigene Sache, das ist schon eine Aufgabe. Aber für einen Schatten sterben, das will doch niemand. Das wäre ja Unsinn. Kein Schatten ist das Leben wert, das er aufzehrt. Ich will meinen Schatten werfen, o ja! Ich will ihn weit von mir werfen, als wäre es eine olympische Disziplin. Ich will in den Kader! Du Gute, du Kluge, sag schnell: habe ich eine Chance?
Parerga zieht sich um und winkt Judith heran.
PARERGA
Sag mal, Judy,
hat es dich blutige Tränen gekostet,
daß du dem Hektiker keine Kinder geboren hast?
Wächst in dir unaufhaltsam der Gram,
dass du neben jeden neu angeschafften Sprinter
nicht einen kleinen strampelnden Hektiker legst,
der den Betrieb fortführt,
wenn ihr ruhiger geworden seid
und der Hektiker neben dir röchelt
als überstünde er diese Nacht nicht,
und der Arzt dir zu einem künstlichen Becken rät,
weil das alte nicht mehr zusammenhält
und die Ersatzteillager überquellen?
JUDY leise.
Ich glaube, du verstehst ganz gut, was mit mir los ist.
PARERGA
Ich habe es mir gedacht. Lass uns nichts übers Knie brechen. Wir bleiben ein paar Tage im Haus und gehen dir zur Hand. Wenn er glaubt, dass du schwanger bist, wird er nicht viel fragen. Sobald wir gehen, bist du die Schattenlose: eine Frau, wie sie im Buch steht, das kannst du mir glauben. Das ist mein Wort unter Frauen. Unsere Judith hier weiß, was sie tut, du kannst ihr vertrauen. Ich helfe ihr, weil ich ihr immer geholfen habe. Judith ist frei, sie kann sich verwandeln, wann immer sie will. Sie ist Erste unter den Gleichen. Von denen gibt es nicht viel und das ist gut so, denn sie sind starke Magneten, die jede anziehen, die sich ihnen nähert. Du wirst es schon merken.
JUDY
Lass uns später darüber reden.
Pause
Jetzt wird er hereinkommen
Pause
und zu essen wollen
Pause
und sein Bett wollen -
Pause
das ich nicht mehr machen werde.
PARERGA
Du bist nicht allein, Schwester.
Helferinnen hast du: uns beide. Überlass ihn uns.
Dämmerung.
Da kommen die Fische.
Da ist das Öl.
Da ist die Pfanne.
Da ist das Feuer.
Rührt euch.
Dem Hosni reicht die Hälfte des Bettes, aber dicke. Judith, du Süße, lass uns verschwinden. Ach Judy, du bist eine Verschwenderin. Tschüss -
Die Fische fliegen durch die Luft und landen in der Pfanne, Feuer flammt auf, Judiths Betthälfte entschwebt in den Kulissen - Parerga und Judith durch die Luft ab. Plötzlich ertönen die
STIMMEN DER FISCHE
Judy, Judy, lass uns heraus.
Die Tür ist verschlossen.
Wir fürchten uns vor der Gabel
Wir fürchten uns vor der Nacht.
JUDY
So ein Gewinsel hätte ich nicht erwartet.
STIMMEN DER FISCHE
Die Tür ist verschlossen.
Wir fürchten uns vor der Gabel
Wir fürchten uns vor der Nacht.
JUDY
Was für ein Unfug. Das tut einem ja in der Seele weh.
STIMMEN DER FISCHE verhauchend.
Sieh nach uns, Judy.
JUDY
Das müsste ich wissen.