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Ulrich Schödlbauer: Kontur der Schwester

PARERGA zieht Judith fort.
Hab ichs dir nicht gesagt? Sie begreifts nicht, habe ich dir gesagt. Sie hat einen Körper, aber keinen Leib. Sie hat einen Leib, aber sie hat keinen Körper. Nichts hält sie zusammen. Das ist schade, aber es lässt sich nicht ändern.

JUDY
Was lässt sich nicht ändern? Was redest du da? Hältst du mich für eine, die nicht bis drei zählen kann? Wenn du etwas weißt, kauf ich es dir ab. Nenn deinen Preis.

PARERGA neigt sich tief.
Sie hat es. Sie hat es wirklich.
Sie kennt das Geheimnis des Kaufes,
sie kennt das Geheimnis des Preises.
Sie kennt das Geheimnis der Person.

JUDY
Übergeschnappt, wie ich mir schon dachte.

PARERGA
Dann fangen wir an.
Verkaufe uns deinen Schatten,
dies schwarze Nichts
hinter dir auf der Erde.

JUDY
Dies schwarze Nichts
hinter mir auf der Erde,
das bleibt dort liegen,
solang ich es möchte.

PARERGA
Es freut uns, das Nichts,
wir möchten es haben.

JUDY
Soso, mein schwarzes Nichts möchtet ihr haben. Für nichts gibt es nichts. Wenn ich nichts von euch habe, setze ich euch vor die Tür. Nichts fällt mir leichter. Also, wenn es euch nichts ausmacht...

PARERGA mit Maske.
Alles, du Benedeite,
zahlen begierige Käuferinnen,
wenn eine von unserm Geschlecht
abtut ihren Schatten und gibt ihn dahin!
Sklavinnen und Sklaven,
so viele sie ihrer verlangt,
Brokate und Seidengewänder,
in denen sie stündlich wechselnd prangt,
und die Maultiere und die Häuser
und die Springbrunnen und die Gärten
und die nicht endenden Nächte
für das gestillte Begehren
für das Ankommen,
für ein Nichts.

Reicht Judy die Maske.